Eine Geschichte aus den Urner Alpen und warum Kurse und stetes Üben und Wiederholen sinnvoll sind
Insights aus dem Guideleben
Nach fast zwei Tagen Dauerregen, öffnet sich am Nachmittag der Wolkenvorhang und die Bergspitzen der Wendestöcke blinzeln mit etwas Sonnenschein ins Gadmental.
Für eine Wanderung ist es schon zu spät, aber ein kleiner Traillauf sollte sich wohl noch ausgehen. Schnell die Laufsachen angezogen und los geht`s! Zunächst etwas ziellos Richtung Wendenläger, von dort hinauf zum Grätli. Es geht im steilen Zickzack bergauf. Die Wege sind noch richtig rutschig und die Laufschuhe finden kaum Halt, aber oben wird es flacher und einfacher werden! Auf der Rückseite sollte es dann kein Problem sein wieder hinab zur Sustenpassstraße zu laufen…
Doch irgendwie kam es dann anders: der Pfad verliert sich immer mehr im grasigen Gelände, nur sporadische Markierungspunkte geben noch Hinweise zur Orientierung. Inzwischen ist der Himmel wieder zugezogen und die Sicht wird richtig schlecht. Irgendwo muss es doch runter gehen zur Passstraße?! Kalt ist es auch geworden, vor allem der Wind macht in den dünnen Laufsachen zu schaffen. Zudem nur noch etwa eine Stunde Tageslicht, keine Stirnlampe, keine Notfallausrüstung. Wird die Situation etwa langsam ernst?
Zum Glück findet sich dann doch noch ein Abstieg zur Straße: durch eine steile Rinne und reichlich Gestrüpp wird im letzten Licht des Tages die Straße erreicht. Das war knapp! Am nächsten Morgen liegen 10 cm Schnee vor dem Zelt im Tal…
Passiert ist dies einem bis dahin sehr erfahrenen Alpinisten und langjährigen Tourenleiter des DAV`s! Nämlich mir selbst. An diesem Tag habe ich einfach alles falsch gemacht. Nach endlosen Stunden im Zelt und nahendem Lagerkoller, wollte ich die Wetterlücke nutzen für einen kleinen Lauf, der dann fast im absoluten Fiasko endete. Warum ist mir das passiert?
Unwissenheit konnte es wohl kaum sein. Es war einfach nur absurd schlecht geplant. Und nebenbei war ich völlig überheblich in Bezug auf meine eigenen Fähigkeiten, ohne richtige Ortskenntnisse auch den besten Weg zu finden. Lediglich kurz mal auf die Karte hatte ich geschaut und nicht mal das Handy hatte ich dabei…
Anhand dieser Erfahrung wurde mir wieder sehr bewusst wie wichtig eine gute Planung selbst bei vermeintlich leichtesten Touren ist. Ein Unglück ist selten das eine große Pech, sondern ein kunterbunter Cocktail aus kleinen, zunächst unscheinbaren, unguten Zutaten. Zusammengefasst, aus mangelnder Vorbereitung und Selbstüberschätzung.
Es galt damals, so wie auch heute: eine möglichst gute Herangehensweise entwickeln, üben und einprägen und immer, selbst bei der idiotensicheren Tour, auch anwenden. Neulingen helfen hier Kurse und professionelle Anleitung und uns Profis hilft die stetige Wiederholung.
Am Ende steht aber vor allem eines: die Fähigkeiten aus seinen eigenen Fehlern und auch aus den Fehlern anderer, die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Und auch diese Kompetenz lässt sich erlernen 🙂